Die Resilienz eines Bildes kann als seine Fähigkeit bestimmt werden, seine ereignishafte Existenz zwischen bildlichem Medium und Mensch in wechselnden gesellschaftlichen und kulturellen Umwelten zu behaupten. Die verschiedenen Konstituenten des Bildereignisses und die Faktoren der Bedeutungskonstitution können dabei vorranging als das Verwobensein in kulturelle Bedeutungsnetze (Geertz 1973) und in Netze von Akteuren (Latour 2007) gefasst werden. Damit ein Bild in solchen Netzen “Bedeutung” erlangt und seine Handlungsmacht entfalten kann, muss es sich als anschlussfähig erweisen. Eine Gestaltung des Bildmediums, die das Potential hat, unterschiedliche Sichtbarkeiten zu erzeugen, also eine Ambiguität bezüglich seiner Signifikate aufweist, die für eine größere Zahl von Netzen von Interesse sind, begünstigt eine solche Anschlussfähigkeit. Da eine andere Sicht auf das Bildmedium aber auch das Bild verändert, kann von einer Resilienz des Bildes sinnvoll nur gesprochen werden, wenn ein wesentlicher Kern des konnotativen Gehalts den veränderten Umweltbedingungen standhält.

Dies wird anhand der bildlichen Darstellung von Identität und Alterität auf attisch-rotfigurigen Gefäßen überprüft, die sowohl in attische wie etruskische Kontexte eingebettet und damit ein geeignetes Anwendungsbeispiel sind. Dabei fällt auf, dass bestimmte Darstellungsweisen kultureller Differenz, insbesondere die Griechen-Perser-Kämpfe, weitaus weniger erfolgreich sind als etwa solche in Form von Amazonomachien. Der Vortrag wird der Frage nachgehen, ob die Kurzläufigkeit der erstgenannten Bilder auf ihre mangelnde Ambiguität und gegebenenfalls damit verbundene mangelnde Resilienz in kulturellen und sozialen Netzen zurückzuführen ist. Das hier zugrundegelegte kommunikations- und medientheoretische Bildverständnis integriert dabei produktions- und rezeptionsästhetische Ansätze.