Die grundlegende peircesche Klassifizierung der Zeichen in Ikone, Indices und Symbole basiert auf der Art der Relation zwischen dem Zeichenträger (oder Representamen) und seinem Objekt. Demnach sind Ikone durch Ähnlichkeit, Indices durch räumliche und zeitliche Kontiguität, Symbole durch Konvention mit ihrem Referenzobjekt verbunden. Bei den Indices ist die Relation nicht notwendigerweise eine „reale“, denn auch mentale Verbindungen – wie im Fall der sprachlichen Indices – schaffen indexikalische Zeichenphänomene, sofern diese die Aufmerksamkeit des Interpreten auf ihr Objekt lenken (vgl. CP 2.305-2.306, 3.361).

Das Grab Thutmosisʼ III. (KV 34, ca. 1450 v. Chr.) weist eine einzigartige Verbindung zwischen dem Dekorationsprogramm und der Architektur der Anlage auf. Das Unterweltsbuch Amduat, das den Originaltitel ‘Schrift der Verborgenen Kammerʼ trägt, bildet die jenseitige Welt und die darin stattfindenden Vorgänge ab, in einem Raum – der ‘verborgenen (Sarg-)Kammerʼ –, der dadurch zum Ikon und zugleich zum Index des Jenseits wird (zu Wissenserzeugung und -vermittlung im Amduat, siehe Lapčić 2014). Die Kontiguitätsbeziehung zwischen dem diesseitigen unterirdischen Raum und der abgebildeten jenseitigen Sphäre wird mittels verschiedener Bezüge zementiert. Auf der einen Seite lassen sich bildikonische Verweise zwischen architektonischen Elementen des Grabes und abgebildeten Teilbereichen der Unterwelt erkennen, deren strukturelle Ähnlichkeit den Eindruck einer Äquivalenz vermittelt bzw. vermitteln soll. Auf der anderen Seite nehmen die Texte explizit Bezug auf den korrekten Anbringungsort der Stundenbereiche im diesseitigen Raum, der nach Himmelsrichtungen ausgerichtet ist und so der „realweltlichen“ Nachtsonnenbahn vom West- zum Osthorizont Rechnung trägt.

Dieser exophorischen (referentiellen) Indexikalität der Grabdekoration steht eine Vielzahl von Phänomenen gegenüber, die man unter dem Begriff der endophorischen oder intratextuellen Indexikalität subsumieren kann (vgl. Nöth 2000: 186-187, Nöth 2001: 4-5). Sie spielt unter anderem eine Rolle in den Mechanismen der Verknüpfung zwischen Bild- und Textelementen und schafft Kohäsion auf der Ebene des gesamten Dekorationsgeflechts. Im Vortrag werden derartige ikonische und indexikalische Aspekte innerhalb der Dekoration des Grabs Thutmosisʼ III. in ihren unterschiedlichen Ausprägungen aufgerollt.

 

Literatur

  • Lapčić, Aleksandra. 2014. Bild-Schrift-Gestalten des Göttlichen. Multimodale Informationsverarbeitung im Amduat Thutmosisʼ III., in: G. Neunert, K. Gabler & A. Verbovsek (Hgg.), Bild: Ästhetik – Medium – Kommunikation. Beiträge des dritten Arbeitskreises Junge Aegyptologie (MAJA 3), 7. bis 9.12.2012, Göttinger Orientforschungen, IV. Reihe: Ägypten 58, Wiesbaden: Harrassowitz, 169-192.
  • Nöth, Winfried. 2000. Handbuch der Semiotik, 2. Aufl., Stuttgart: Metzler.
  • Nöth, Winfried. 2001. Word and Image: Intermedial Aspects, in: MedienPädagogik 6.8.2001 (DOI: http://dx.doi.org/10.21240/mpaed/00/2001.08.06.X).
  • Peirce, Charles Sanders. 1931–58. Collected Papers, Bde. 1–6, C. Hartshorne & P. Weiss (Hgg.), Bde. 7–8, A. W. Burks (Hg.). Cambridge, MA: Harvard University Press (zitiert als CP).